Juni 2025
Kleinbildobjektive, mit denen man "tilten" kann, bei denen also die Objektivebene kippbar ist, gibt es häufig in der Kombination "Tilt/Shift", obwohl die Kippbewegung (Tilt) mit dem Verschieben (Shift) eigentlich nicht viel gemein hat.
Shiftobjektive benötigen einen größeren Bildkreis und sind daher teurer als normale Objektive. Deswegen ist es durchaus sinnvoll, eine reine Tilt-Möglichkeit zu schaffen (ohne Shift).
Achtung: TILT lässt sich NICHT verwenden, um stürzende Linien zu vermeiden!
Ich will gar nicht im Detail auf die optischen Gesetzmäßigkeiten eingehen.
Gleichwohl kann ich empfehlen, sich die "Scheimpflug-Regel" einmal deutlich zu machen: das ist einfacher als es aussieht.
Es gibt genügend Internetbeiträge und auch Youtube-Videos, die das erklären und vorführen.
Und wenn man ein einigermaßen räumliches Vorstellungsvermögen besitzt, dann lernt man schnell, damit umzugehen.
Klar ist: Tilt benötigt ein Objektiv, das gekippt werden kann. Das ist alles.
Die aus meiner Sicht beste Kleinbildbrennweite (Vollformat) für Tilt-Aufnahmen ist in etwa 50mm.
Lange Brennweiten müssen mehr gekippt werden, um denselben Effekt zu erzielen (Scheimpflug!). Oder anders ausgedrückt, mit einem bestimmten Kippwinkel wird der optische Effekt bei längeren Brennweiten immer geringer. Die Bildwirkung bei 100mm Brennweite ist schon sehr schwach.
Je kürzer die Brennweite wird, desto schwieriger wird es, den Effekt unter Kontrolle zu halten.
Es gibt (wunderschöne) Tilt/Shift-Objektive, z.B. das
Laowa 55 mm f/2.8 Tilt-Shift 1X Makro.
Dieses Objektiv macht sehr viel Spaß. Es ist optisch und mechanisch sehr gut, und die Makrofähigkeit bis auf einen Abbildungsmaßstab 1:1 macht dieses Objektiv sehr vielseitig verwendbar.
Aber:
Pergear bietet unter dem Markennamen TTArtisan ein 50mm F1.4 Tilt-Vollformatobjektiv und ein 35mm F1.4 Tilt-Objektiv für APS-C-Sensoren.
Ich habe sie selber nicht getestet, die die Internet-Reviews im Vergleich mit meiner Lösung (s.u.) sagen mir aber, dass diese Objektive eine vergleichbare Bedienung bieten und vergleichbare Ergebnisse liefern sollten.
Und damit einen Spaßfaktor garantieren!
Eine echte Alternative kann ein passender Tilt/Shift-Adapter sein, z.B. von Fotodiox (deutscher Händler: Lumiere-Shop).
Der allgemeine Vorteil der spiegellosen Kameras ist, dass wegen des geringen Auflagemaßes nahezu jedes alte Objektiv einer Spiegelreflexkamera (nahezu egal welche Marke) an die neue spiellose Kamera (nahezu egal welche Marke) adaptiert werden kann, und dennoch auf unendlich fokussiert werden kann.
Daher gibt es auch eine Unzahl von Adaptern für diesen Zweck.
Ich benutze solch einen Adapter, der das "alte" Nikon F-Bajonett (Objektiv) an Nikon Z-Mount (Kamera) adaptiert, also quasi wie ein "FTZ-Adapter ohne Autofokus" funktioniert.
Er arbeitet rein mechanisch ohne jede Elektronik, dafür aber mit einer Shift- und einer Tiltvorrichtung.
Diese Lösung hat für mich den Vorteil, dass ich nahezu alle meine alten Nikkore zum Tilten (und Shiften) ausprobieren kann.
Ich habe einige Objektive (auch ausgeliehene) ausprobiert, und die für mich beste Kombination, die meistens auch so im Fotorucksack liegt, ist dieser Adapter zusammen mit dem
AF NIKKOR 50mm f/1.8 (das immer noch neu angeboten wird!). Dieses Objektiv liefert einen erstaunlich großen Bildkreis, so dass man auch beim Tilten keine (harte) Vignettierung sieht.
Die Shiftfunktion nutze ich so gut wie nie. Das Tilten geht einfach und schnell. Offenblendig zeigt das Objektiv leider leichte Farbsäume in der Unschärfe (Farblängsfehler), und die Bildschärfe ist nur ausreichend.
Aber man kann auf Blende 2.8 oder 4 abblenden und immer noch den Tilt-Effekt nutzen.
Und der Spaßfaktor mit dieser kleinen und leichten Kombination macht die kleinen Bildfehler allemal wett.
Man sollte nicht vergessen, dass der Adapter keinerlei Übertragung bietet. Das Objektiv muss also komplett von Hand eingestellt werden (Fokus und Blende). Und es gibt damit auch keine EXIF-Datenübertragung vom Objektiv zum Kameragehäuse.
Der direkte Vergleich zeigt: es ist sehr viel angenehmer, die kleine Lösung "immer dabei" zu haben. Das 55mm Laowa wiegt 1,5kg, die Lösung mit 50mm Nikkor + Adapter nur 400g.
Mit der kleinen Lösung freihand zu fotografieren, ist ebenfalls sehr viel einfacher, und es macht auch mehr Spaß.
Der "Miniatureffekt" ist eine Sache, aber mit ein bisschen Übung schaffe ich es, einen besonderen Schärfeverlauf so ins Bild zu setzen, dass sowohl ein Motivteil im Vordergrund scharf ist und sich vom unscharfen Hintergrund absetzt, als auch gleichzeitig ein anderer Motivteil im Hintergrund scharf abgebildet wird.
Alle Bilder sind mit der o.a. Kombination von Fotodiox-Adapter und 50mm/F1.8 Nikkor aufgenommen.